VKE - Verband der Vertriebsfirmen Kosmetischer Erzeugnisse e.V.

Geschichten erzählen und Erlebnisse schaffen

Markenartikel 8/2014

'Zukunft – Luxus – Konsum – Leben' lautete das Motto des VKE-Treffs 2014. Diskutiert wurde u.a. über die Besonderheiten der Zielgruppe, den Wandel im Luxussegment und das optimale Zusammenspiel der Vertriebskanäle im Beauty-Segment.

Der VKE-Kosmetikverband , Repräsentant der selektiv vertriebenen Kosmetik, hat die Teilnehmer des VKE-Treffs 2014 einmal mehr mit einer besonderen Location überrascht: Zum traditionellen Get-together der Branche lud der Verband am 23. Juni ins Flusspferdhaus im Berliner Zoo.

Die Örtlichkeit sorgte bei den Gästen für beste Stimmung, denn wann kommt man schon einmal in das Vergnügen, beim Dinner den Nilpferden beim Schwimmen zuzuschauen? Die Tiere faszinierten die rund 130 Teilnehmer der Veranstaltung immer wieder aufs Neue. Verzückte Gesichter und gezückte Smartphones prägten für einen großen Teil des Abends das Bild. Aber das Netzwerken kam bei all dem Staunen nicht zu kurz. Die Gäste aus Industrie, Handel und Medien diskutierten im Flusspferdhaus über aktuelle Trends und Entwicklungen in der Kosmetikbranche.


Tolle Location: Get-together im Flusspferdhaus des Berliner Zoos

Luxusverständnis im Wandel
Auch am Folgetag wurde eifrig weiterdiskutiert. Die Vortragsveranstaltung im Sofitel Berlin Kurfürstendamm stand unter dem Motto 'Zukunft – Luxus – Konsum – Leben'. Dabei wurde in den Vorträgen vor allem eines deutlich: Das Luxusverständnis hat sich erheblich verändert. »Die Zeiten, in denen Luxus nur Synonym für materiellen Status war, sind vorbei. Es gibt zwar noch immer einen lebhaften Markt für traditionelle Luxusgüter, jedoch geht es heute beim Luxus nicht so sehr um das Materielle, sondern um Werte, weniger um Exklusivität als um das Erleben – ein Zustand, der als neuer Luxus definiert wird«, sagt Simone Paschedag, Director Marketing Fragrances bei Clarins und Teilnehmerin des VKE-Treffs 2014. »Gefragt sind Qualität und eine Geschichte hinter dem Produkt, die die Markenbotschaft eindrucksvoll kommuniziert und gerne weitererzählt wird.«

Hersteller von Luxusmarken müssen deshalb laut der Clarins-Marketingverantwortlichen stets die Ziele und Motive ihrer Konsumenten im Auge behalten und ein tiefgehendes Verständnis dafür entwickeln, was diese mit dem Konsum von Luxusprodukten zum Ausdruck bringen wollen. Das bestätigt Thomas C. Schnitzler, Geschäftsführer der Nobilis Group und ebenfalls Teilnehmer des Events: »Der Markt und wir Lieferanten müssen uns den Veränderungen anpassen.« Beim Thema Luxus gehe es nicht um Quantität, sondern vielmehr um Qualität. Diese Vermarktung brauche besonders viel Liebe zum Detail und nachhaltige Bearbeitung. »Wir müssen ausbrechen aus dem jetzigen Marketingdenken und die Konsumenten authentisch, gradlinig, nachhaltig und mit viel Gefühl abholen.« VKE-Treff-Teilnehmer Wolfgang Blume, Verkaufsleiter bei Symrise, ein Anbieter von Duft-, Geschmack- und Wirkstoffen für Kosmetika und Lebensmittel, sieht sein Unternehmen gut aufgestellt: »Mit unseren verantwortungsvoll angebauten und gehandelten Rohstoffen liefern wir Produkte, deren Wert weit über den Preis ihrer Einzelmaterialien hinausgeht.« Mit seinen Düften schaffe Symrise »Oasen des Wohlbefindens, Abschaltens und kostbarer Erinnerungen«, so Blume. »Und genau das macht wahren Luxus heute aus.«

Jens Barczewski, GfK, stellte Ergebnisse der 'Digital Luxury Study 2014' vor und appellierte an die Gäste, alle Kommunikationskanäle zu bespielen

On- und Offline: Alle Kontaktmöglichkeiten nutzen
Im ersten Vortrag des Tages gaben Jens Barczewski, Head of GfK Digital Market Intelligence Germany & Switzerland, und Nina Bernhardt, Director Digital bei White Communications, erste Einblicke in die Ergebnisse der 'Digital Luxury Study 2014'. Sie betonten, dass On- und Offline miteinander verschmelzen. Barczewski appellierte deshalb, dass Hersteller alle Kommunikationskanäle bespielen und alle Kontaktmöglichkeiten nutzen müssten. »Es gibt keinen reinen On- oder Offliner. Und auch wenn Offline der wichtigste Kontaktkanal bleibt, erwarten die Konsumenten von ihren Marken, dass sie im Web präsent sind und dort weitere Informationen bieten«, sagte er.

Die Kosmetikbranche hat indes durchaus noch Nachholbedarf. Schnitzler: »Es gibt noch sehr viel Potenzial, denn das Internet allein als Preisinstrument zu nutzen, passt nicht wirklich zu Luxus.« Es fehle das Gefühl der Belohnung, das Kunden beim Kauf in einem Geschäft empfinden würden. »Wir alle müssen lernen, beide Einkaufserlebnisse miteinander zu verzahnen.« Paschedag sieht das ähnlich: »Die Kosmetikbranche hat verspätet den Eintritt in das Internet gewagt, kann sich aber dem Wandel der Zeit nicht entziehen. Das zunehmende Zusammenwachsen der Kanäle erfordert, dass Kundenkontaktpunkte On- und Offline systematisch aufeinander abgestimmt werden.« Der Kunde nutze zum Einkaufen heute eine Vielzahl von Kanälen. »Deshalb müssen die Unternehmen versuchen, ihre Kunden auf verschiedenen Wegen gleichzeitig zu erreichen. Die Herausforderung ist, alle Kommunikationsmaßnahmen inhaltlich und formal perfekt aufeinander abzustimmen.«

Damit diese Verzahnung gelingt, ist es laut Beate Fastrich, General Manager Estée Lauder Companies und Teilnehmerin der Veranstaltung, wichtig, die verschiedenen Kanäle nicht aus unterschiedlichen Silos zu betreuen, sondern sie vernetzt zu betrachten und zu bearbeiten.

Über alle Kanäle konsistent kommunizieren
Die Tatsache, dass sich die Mediennutzung der Konsumenten wandelt, macht ein Umdenken in punkto Kommunikationsmaßnahmen also unvermeidlich. Wie gravierend dieser Wandel ist, erklärte auch Hartmut Brügner, Media & Digital Director Millward Brown, in seinem Vortrag. Laut dem Digitalexperten wird das Smartphone zunehmend zum Bildschirm Nr. 1, die Parallelnutzung mehrerer Screens steigt. Sogenannte Multiscreener würden dabei schon heute täglich 137 Minuten ihr Smartphone nutzen, aber nur 129 Minuten TV schauen. 23 Minuten pro Stunde finde eine parallele Nutzung mehrerer Geräte statt – unter anderem, um Werbepausen zu überbrücken.

Darauf müssen Werbungtreibende laut Brügner reagieren und Offline-Kampagnen stärker mit Social Media- Aktivitäten verlinken. Zwar sei Werbung auf mobilen Endgeräten bisher wenig beliebt, die Verknüpfung der Kanäle werde aber dennoch immer wichtiger. Es gelte, die einzelnen Kanäle und ihre Relevanz für die jeweilige Zielgruppe zu analysieren und überall bedeutsame Botschaften zu senden.

»Die Nachricht sollte auf allen Kanälen die Gleiche sein, aber dem Kanal angepasst übermittelt werden «, bestätigt Fastrich. »Ist der Konsument die Werbepause im Fernsehen gewöhnt, möchte er sie nicht auf seinem mobilen Telefon wiederfinden.« Stattdessen wolle er zum Beispiel, während der Fernsehspot laufe, mit dem Smartphone ins Internet gehen, um mehr über das beworbene Produkt zu erfahren. »Gerade um jüngere Zielgruppen erreichen zu können, sind Multiscreen-Kampagnen auch in unserer Branche sehr effizient«, betont Paschedag. »Unsere Konsumenten weisen häufig eine fragmentierte Mediennutzung auf und sind nicht einfach über einen Kanal wie TV zu erreichen.« Bei einer gut funktionierenden Kampagne müssten Geschichten, spannend und gut erzählt, über alle Screens hinweg gesendet werden. »Der Zuschauer akzeptiert Werbung, wenn er die erzählte Geschichte mag, wenn der Spot seiner aktuellen Screen-Situation angepasst ist und wenn die Werbung für ihn einen Mehrwert hat.«

Blick über den Tellerrand
Um das Thema Mehrwert ging es auch im Beitrag von Stephan Balzer, Geschäftsführer der Agentur Red Onion (siehe dazu auch den Beitrag 'Veränderungen anstoßen' auf S. 34f.). Er berichtete über die TED-Talks, bei denen es darum geht, innovative Ideen zu verbreiten. Zentral sei dabei auch die Art der Präsentation. »In Deutschland neigen wir dazu, Dinge sehr kompliziert zu erklären«, so Balzer. »Bei den TED-Talks wollen die Redner Geist und Herz der Zuhörer erreichen. Sie erzählen Geschichten, die Emotionen wecken und inspirieren. Sie fokussieren sich auf eine Idee – so ist das, was hängen bleibt, stärker.«

Schnitzler findet den Ansatz der TED-Talks sehr interessant. »Es sollten sich mehr Leute zusammensetzten, die nicht notwendigerweise in der gleichen Branche arbeiten. Für uns als Manager ist es enorm wichtig, den Horizont zu erweitern, sich inspirieren zu lassen und letztendlich Ideen für das eigene Geschäft abzuleiten oder einfach nur zu übertragen. Nur wer nach allen Seiten offen ist, ist in der Lage, die Veränderung der Umwelt wahrzunehmen und dann die richtigen Alternativen bieten zu können.«

Gute Erinnerungen bescheren
Den letzten Vortrag des Tages zum Thema 'Radical Beauty – Luxus verstehen, Chancen nutzen' hielt Petra- Anna Herhoffer, Inhaberin des Inlux Instituts. Luxus sei »lockerer« geworden und habe sich demokratisiert, sagt sie. Neuer Luxus habe zu tun mit innerer Wertschöpfung, sinnlichem Erleben, Unbeschwertheit und sozialer Verantwortung. Immaterieller Luxus mit Themen wie Zeit, Gesundheit, Familie und luxuriösen Reisen gewinne an Bedeutung. »Luxus wird erfahrungsgetriebener. Die Konsumenten von heute wollen bewusster leben«, so Herhoffer. Für Marken bedeute dies, dass sie einmalige, individuelle Konzepte entwickeln müssten. »Bescheren Sie Ihren Verbrauchern gute Erinnerungen«, sagte Herhoffer und warnte vor »Marketing-Gewäsch«. Glaubwürdige, authentische Geschichten seien gefragt.

Petra-Anna Herhoffer, Inlux Institut: »Luxus wird erfahrungsgetriebener.«

Bei Estée Lauder ist dies bereits Realität: »Kosmetik wird sehr stark im Fachhandel erlebt«, sagte Fastrich. »Wir nutzen unsere Markenwebsites, Youtube- Channel, Blogger und Facebook, um begleitend die Geschichten der Marke oder einzelner Produkte zu erzählen und mit dem Endverbraucher eine enge Verbindung aufzubauen und von unseren Verwenderinnen zu lernen.« Blume bestätigt: »Verbraucher legen großen Wert auf produktergänzende Eigenschaften. Wer hat meinen Duft kreiert? Wer den Rohstoff angebaut? Können die Familien gut davon leben? Diese Geschichten wollen wir vermehrt erzählen, um unsere Düfte zu einem besonderen Erlebnis zu machen.«

Luxus braucht Geschichte und Geschichten
Die Beauty-Branche scheint auf dem richtigen Weg. Stephan Seidel, VKE-Präsident und Geschäftsführer Clarins, betont: »Die Diskussionen haben gezeigt, dass die selektive Duft- und Kosmetikbranche quicklebendig ist. Sie muss aber aufpassen, nicht in Schönheit zu sterben und sich noch mehr Mühe geben, die Verbraucher abzuholen. Unser Ziel ist es, dauerhafte Perspektiven für qualitäts- und somit markenorientierten Konsum zu schaffen.«

Damit dies gelingt, plädiert Martin Ruppmann, Geschäftsführer des VKE-Kosmetikverbandes, dafür, den Begriff Luxus zu entmystifizieren und Luxus alltagstauglicher zu gestalten: »Wir Deutschen gelten gemeinhin als eher luxusunwillig oder als eher heimliche Genießer. Unsere Aufgabe besteht darin, für mehr Freude am Konsum zu sorgen und den hierzulande oftmals negativ besetzten Luxusgedanken in positives Erleben umzuwandeln.«

Vanessa Göbel